Neuer Weltrekord im 134 GHz Band

Neuer Distanz-Weltrekord im 134 GHz Band

Neue IARU-Region 1 Rekorde im 134 GHz und 241 GHz Band

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Vorwort

Seit unseren Rekorden im letzten Jahr, siehe https://tinyurl.com/vjyfszmm überlegten mein Vater, Michael DB6NT und ich, Matthias DK5NJ uns, wie wir unsere Distanzrekorde in den Amateurfunkbändern 122, 134 und 241 GHz weiter ausbauen könnten.

Unsere bisherige Erfahrung zeigte, dass wir auf gute Wetterbedingungen, z. B. sehr niedrige Luftfeuchtigkeit, kein Regen, wenig Wind, niedriger Taupunkt und möglichst kalte Lufttemperaturen achten müssen. Michael DB6NT beobachtete deshalb vor allem in den Wintermonaten täglich die Wetterdaten auf verschiedenen Webseiten. Die Wetterverhältnisse schwanken mittlerweile auch in den Wintermonaten häufig und deshalb war es nötig, schnell zu reagieren falls das Wetter die Bedingungen erfüllt. Bis zum August 2021 lebte ich, DK5NJ, in der Nähe von München, zog aber dann mit meiner Familie zurück in die ursprüngliche Heimat nach Oberfranken. So war nun also auch die räumliche Nähe zu meinem Vater und QSO-Partner Michael, DB6NT gewährleistet und einem schnellen Aufbruch bei passenden Wetterbedingungen stand nichts mehr im Weg.

Doch natürlich müssen für Rekordversuche auf den mmWave-Bändern auch die Standorte gewisse Voraussetzungen erfüllen. Die beiden Standorte müssen in Sicht zu einander sein. Praktisch ist die optische Sicht zu einander aber natürlich immer vom Wetter abhängig. Das schließt schon von vorn herein die meisten Standorte aus – wie fast immer im Amateurfunk gilt hier also auch: Je höher die Berge, desto besser.

Hohe Berge und Hügel bringen aber leider häufig ein anderes Problem mit sich: Sie sind schlecht mit dem Auto zu erreichen (keine Zufahrt möglich oder die Genehmigung fehlt). Die Parapolspiegel, Feeds, Transverter etc. sind fast alles selbst entwickelte oder von Freunden gebaute Unikate (e.g. Spiegel tnx to Rudi, OE5VRL). Da unser empfindliches Equipment –, welches bei Verlust also nahezu unersetzbar ist – in transportsicheren Kisten verstaut ist und ein bisschen Gewicht mit sich bringt, mussten die natürlich auch sicher vor Ort gebracht und aufgestellt werden können.

Hier ein Foto aus dem Kofferraum von DK5NJ: (Stativ ist auf der Rücksitzbank)

2x Akku, Koffer für FT-290 und 76 GHz Transverter und großer Koffer für mmWave-Station mit Spiegel

Strecke vom Aschberg zum Leipziger Turm 92,8 km

Folglich machten wir uns auf Standortsuche. Nach etlichen Erkundungsfahrten und Vor-Ort-Besichtigungen kristallisierten sich zweit Standorte heraus, die sich für einen Spontanversuch (in max. 2h Autofahrt erreichbar) bei passender Wetterlage eignen würden. Der Wetterbericht am Vorabend des 01.03.2022 sah viel versprechend aus und so beschlossen wir es auf einen Versuch ankommen zu lassen.

Michael DB6NT packte sein Equipment ins Auto und fuhr zum Aschberg (913 m ASL) bei Klingenthal in JO60GJ03RO.

Matthias, DK5NJ fuhr mitsamt dem Equipment zum Leipziger Turm bei Schmiedefeld in JO50ON60BJ.

Der Turm selbst war hier nicht begehbar und die Gaststätte geschlossen. Was allerdings den Vorteil hatte, dass außer mit ein paar Wanderern nicht mit großem Publikumsverkehr zu rechnen war. Nach vielen Jahren Portabel-Erfahrung als Amateurfunker konnten deshalb auch die höflichen Nachfragen weniger vorbeikommender Touristen wie z. B.  „Entschuldigung, was machen Sie da eigentlich“ schnell und routiniert abgebarbeitet werden 😊

Hier ein paar Bilder vom Stationsaufbau bei DK5NJ unterhalb des Leipziger Turms:

Zur Sicherheit hatten wir – wie wir es von anderen Expeditionen gewöhnt sind – einiges an Equipment doppelt dabei. So waren z. B. 2 Akkus, 2x FT-290 usw. als Backup mit auf den Berg genommen worden. Als Querfrequenz nutzten wir das 70cm Relais DB0NAI und zwei Handfunkgeräte.

Auf dieser Querverbindung kam dann auch der Kontakt, dass man jetzt also am Standort angekommen war, aufgebaut hatte und somit QRV sei zu Stande. Auf den mmWellen-Bändern ist es extrem wichtig, dass die Parabolantennen beider Stationen exakt aufeinander ausgerichtet werden. So ist es üblich das „Einbeamen“ auf einem niedrigeren Frequenzband zu starten, dann langsam zu optimieren und erst nach perfekt eingestellter Antenne auf ein höheres Band zu schalten.

Um die ungefähre Antennenrichtung einzudrehen benutzten Michael und ich jeweils einen herkömmlichen Kompass. Die entsprechenden Winkel hatten wir vorher zu Hause ausgerechnet. Der erste SKED sollte auf der .200 im 76 GHz Band stattfinden. Das erste CW-Trägersignal von DB6NT im 76 GHz Band kam jedoch erschreckend schwach mit gerade einmal S5 sehr leise an. Enttäuschung machte sich breit und Zweifel drängten sich auf: Waren die Wetterbedingungen wohl doch nicht so gut wie angekündigt? Im Kopf ging ich sämtliche Szenarien durch: Habe ich alles richtig verdrahtet? Ist das Zielfernrohr bei unseren Bakentests ein paar Wochen zuvor richtig eingestellt worden? Arbeitet der Empfänger korrekt?

Da man nun den weiten Weg gemachte hatte und alles aufgebaut war wollten wir noch nicht aufgeben. Michael ging auf Empfang und ich sendete einen FM-Dauerträger auf 76 GHz. Ähnlich schwach kam mein Signal mit S4 bei ihm an. Wir wollten es einfach nicht glauben, dass es so schwach ging. Ich bat DB6NT nochmals einen FM-Träger zu stellen und beamte (drehte die Antenne) einfach mal in einem großen Radius ca. 25 Grad hin und her. Auf einmal war sein Signal problemlos mit etlichen dB über S9 zu hören. Anscheinend wurde der Kompass von Metall in der Umgebung abgefälscht und somit war die ursprüngliche Ausrichtung nicht korrekt. Auf diesen Bändern zählt jedes Grad. Aber egal – die Freude über das extrem starke Signal motivierte sofort zum Weitermachen. Nun drehten wir das Senden/Empfangen nochmal um und dann hieß es das Signal noch etwas „abzuschwächen“ um somit den Spiegel bei leiserem Signal noch genauer eindrehen zu können.

Anschließend baute ich meinen Feed auf das Sendemodul für 122 GHz um und stellte ein CW-Bakensignal als Dauerträger auf die .200. Hierbei muss man höllisch aufpassen, um bei Wechseln der Feed-Module nicht die mühsam ausrichtete Antenne erneut zu verdrehen. Die CW-Signale waren sehr laut und auf 122 GHz klappte es mit 59+. Die Signale im 134 GHz waren aufgrund der physikalisch bedingten geringeren Streckendämpfung sogar noch lauter. Auf 241 GHz war es dann schon etwas leiser aber immer noch sehr laut. Vor lauter Euphorie tauschten wir hier ebenfalls die Rapporte 599 aus, was wir aber im zweiten Durchgang auf 559 korrigierten. Zur großen Freude auf beiden Seiten können wir nun erfolgreich verkünden, dass wir an diesem Tag 2 neue IARU Region 1 Rekorde auf den Bändern 134 und 241 GHz erreichen konnten.

Hier die Tabelle mit den Eckdaten:

Dienstag den 01.03.2022  
DK5NJ auf dem Leipziger Turm (797 m ASL) bei Schmiedefeld  JO50ON60BJ  
DB6NT auf dem Aschberg (913 m ASL) bei Klingenthal JO60GJ03RO  
Entfernung 92,8 km  
Lufttemperatur 6°C am Aschberg  
Rel. Luftfeuchte 29 % am Aschberg  
DK5NJ und DB6NT arbeiteten in CW
QSO auf 76 GHz um 14:45 UTC mit 599
QSO auf 122 GHz um 15:01 UTC mit 599
QSO auf 134 GHz um 15:03 UTC mit 599                        IARU 1 Rekord
QSO auf 241 GHz um 15:38 UTC mit 559                     IARU 1 Rekord  

Hier ein Bild der überbrückten Strecke:

Strecke vom Schneekopf (Thüringer Wald) zum Fichtelberg (bei Oberwiesenthal)

Als wir von unseren Versuchen am Aschberg und dem Leipziger Turm nach Hause kamen waren wir voller Tatendrang und freuten uns sehr. Ich rief Roland, DK4RC an um von dem gelungenen Versuch zu berichten. Einige Tage zuvor hatte Michael mit ihm bereits über die anstehenden interessanten Wetterbedingungen geredet und die Standorte aus bereits im Jahr 2021 durchgeführten Versuchen sollten erneut aktiviert werden.

Da Höhe ja nun bekanntlich das Maß aller Dinge ist, beschlossen wir aufgrund der anhaltend guten Wetterbedingungen am nächsten Tag, dem Mittwoch den 02.03.2022 auf noch höhere Berge zu gehen und die Distanz noch einmal deutlich zu erhöhen.

So kam es nun also, dass Roland, DK4RC sich bereit erklärte und mit mir zusammen am nächsten Tag auf den Schneekopf (977 m ASL) im Thüringer Wald fuhr. Er holte mich zu Hause ab und wir machten uns gemeinsam auf den Weg zum Wanderparkplatz am Schneekopf. Dort erwartete uns bereits Herbert, DL4AWK. Er ist im übertragenen Sinn als „Hausmeister“ des Schneekopfturms bekannt, da er dort mit außerordentlichem Engagement seit vielen Jahren die ATV- und Relaisfunkstellen betreibt und deshalb auch Zugang hat. Roland und er kennen sich auch durch die Aktivitäten der Contestgruppe DL0GTH und Herbert zeigte von Anfang an Interesse und Begeisterung bei einem Rekordversuch helfen zu können.

Auf dem Parkplatz angekommen erwartete uns eine etwa 5 cm dicke Eisdecke, aber mit gemeinsamen Kräften gelang es uns das benötigte Equipment auf Schlitten zu fixieren und den weiteren Aufstieg zu Fuß anzutreten.

Hier Bilder der auf Schlitten verladenen Ausrüstung:

Oben auf dem Gipfel angekommen sperrte Herbert das Tor zum Turmgelände auf und befreite durch tatkräftiges Schaufeln die Eingangstür zum Turm vom Schnee. Anschließend trugen wir die Ausrüstung in einen Raum mit Fenster in Richtung Fichtelberg.

Oben am Berg war das Wetter sehr gut und wir konnten bei guter Sicht und Sonnenschein die Station aufbauen. Wie immer hatte ich vorsichtshalber alle wichtigen Komponenten wie Akkus, Transceiver usw. doppelt mitgebracht aber es gab zum Glück keinerlei Ausfälle.

Hier ein Blick aus dem besagten Fenster am Schneekopf und ein Blick durch das Zielfernrohr auf dem Spiegel:

In der Zwischenzeit kam auch Michael sicher am Fichtelberg an, wie wir dank unserer Querverbindung im 70cm Band erfuhren. Er fand ebenfalls hervorragendes Wetter und einen geeigneten Platz zum Aufbau seiner Station vor. Hier einige Bilder vom Fichtelberg bei DB6NT:

Wie schon bei den Versuchen am Tag zuvor (Leipziger Turm – Aschberg) stellten wir uns gegenseitig CW-Träger-Signale (Baken) auf dem 76 GHz Band. Diesmal stellte es sich allerdings als deutlich schwieriger heraus das Signal zu finden und im Anschluss ein geeignetes Maximum durch Ausrichten der Antennen zu finden. Das 76 GHz Signal von Michael kam bei DK5NJ und DK4RC auf dem Schneekopf nur mit S5 an und dämpfte somit schlagartig die Erwartungen.

Dennoch: Nun war man einmal auf den Berg gefahren, also sollte auch getestet werden. Im 122 GHz-Band hörte Michael zu Beginn unsere Bake nicht. Auch als er im Anschluss sendete konnten wir sein Signal nicht finden. Daraufhin war unsere Stimmung deutlich gedämpfter, aber wir wollten trotzdem noch einen Versuch machen: Die Streckendämpfung im 134 GHz Band ist aus physikalischen Gründen geringer als im 122 GHz Band. Hierzu eine Grafik

Wir schalteten also um und stellten nun im 134 GHz Band auf der .200 ein Bakensignal in Richtung Fichtelberg. Prompt teilte Michael DB6NT auf der Querfrequenz mit, dass er uns hört. Die Freude war riesengroß und es wurde das Feed mit dem Empfängermodul in den Spiegel eingesetzt. Anschließend konnte ein CW QSO erfolgreich durgeführt werden:

Mittwoch, 02.03.2022 um 14:23 UTC
DK5NJ (mit DK4RC und DL4AWK) auf dem Scheekopf (977 m ASL) bei Gehlberg JO50JP19QU   
DB6NT auf dem Fichtelberg (1210 m ASL) bei Oberwiesenthal JO60LK43LC 
Entfernung 157,0 km  
Lufttemperatur 2°C am Fichtelberg  
Rel. Luftfeuchte 24 % am Fichtelberg  
DK5NJ und DB6NT arbeiteten QSO auf 76 GHz um 14:00 mit 599 QSO auf 134 GHz um 14:23 mit 599 è Welt Rekord  

Dann versuchte Roland DK4RC nach erneutem Einrichten der Antennen doch noch eine Verbindung im 122 GHz Band herzustellen:

 Roland, DK4RC beim CW-Geben im 122 GHz Band.
v. l. n. r.: DK5NJ, DL4AWK und DK4RC nach erfolgreichem Abstieg vom Schneekopf

Kurz flammte die Hoffnung auf, dass es doch doch noch zu einer Verbindung im 122 GHz Band kommen könnte, denn Michael DB6NT hörte Rolands CW-Signal mit 529. Dennoch kam leider kein QSO zu Stande, da wir nichts von Michaels Signal hörten. Der Empfänger von DK5NJ hat auf 122 GHz deutlich schlechtere Eigenschaften (ca. 2 S-Stufen) als der von DB6NT. Wir wollen die Station aber auch für die Zukunft weiter verbessern und im Empfängermodul für die Bänder 122/134 GHz einen Vorverstärker einbauen.

Auf dem Streckenquerschnitt sieht man auch, dass es im mittleren Streckenverlauf Stellen gibt, an denen das Signal nur wenige hundert Meter über Grund gesendet wird. Dies kann natürlich im Bezug auf aufsteigende Feuchtigkeit erhebliche negative Einwirkungen auf die Verbindung haben:

DB6NT

Karte über Streckenverlauf und Geländequerschnitt:

Im 241 GHz Band blieb es leider beim Versuch. Weder DK5NJ noch DB6NT konnten hier ein Signal aufnehmen. Es war durch die Wetterlage – wahrscheinlich aufziehende Feuchtigkeitsfelder im mittleren Streckenbereich – auch nicht immer möglich ein exaktes Maximum der Antennenrichtung im 134 GHz Band zu bestimmen. Normalerweise stellt man die Antennenrichtung mit Mikrometerschrauben ein und es geht auf diesen Frequenzen um Antennengenauigkeit im zehntel-Grad Bereich. Wir haben an diesem Tag unzählige Male die Station von Empfang auf Senden und von Band zu Band umgebaut. Jedes Mal muss hier das Feedmodul im Spiegel gewechselt werden, weshalb ich von einer noch genaueren Beschreibung der Testläufe absehe.

Die Stationen, die für alle QSOs auf beiden Seiten verwendet wurden, sind – bis auf den Empfänger auf 122/134 GHz – fast identisch ausgestattet:

Stationsdaten von DK5NJ und DB6NT

  • 76 GHz 0,3 Watt
  • 122 GHZ 0.15 Watt
  • 134 GHz 0,1 Watt
  • 241 GHz 50 mW
  • Jeweils 40 cm Parabolspiegel, (1x optical dish 1x dish made by OE5VRL)
  • DB6NT Transverter

Dennoch sehen alle Teilnehmer es als großen Erfolg einen Weltrekord im 134 GHz Band bereits „nach Hause“ holen zu können 😊 Vielen Dank an die Unterstützung und Spontanität unserer Familien, ohne deren Rückhalt solche „special operations“ nicht möglich wären.

Videos der einzelnen Signale werden auf meiner Webseite https://dk5nj.de/ veröffentlicht.

Wir werden auf diesen noch wenig erforschten Freuqenzbändern weiter experimentieren und sagen wie immer: Fortsetzung folgt!

73 de DK5NJ, Matthias

Querverweise:

Die Beschreibung der Station ist auf der Webseite von DB6NT zum Download.

Deutsch: http://www.db6nt.de/download-archiv.html

Englisch: http://www.db6nt.de/index.php?id=855&L=1

Die bestehenden Rekorde

Europa IARU Region 1:

https://vushf.dk/iaru-reg-1-dx/

ARRL:

http://www.arrl.org/files/file/WA50-Standings/Distance-Records-4-Jan-2022.pdf

RSGB:

https://www.microwavers.org/?records.htm

Programm zur Berechnung der Streckendämpfung von OE2IGL:

„Microwave link budget calculation“

https://wettersat.bplaced.net/software.html

Webseite des Autors:

https://dk5nj.de/

Artikel in PDF: